Unter dem Begriff „Männergesundheit” sind verschiedene Themen und Sichtweisen vereint:
Medizinische Sicht
Die typischen „Männerkrankheiten” können aus biologischen Gründen ausschließlich Männer treffen. Zum Beispiel:
- Prostata-Erkrankungen (z.B. Prostatakarzinom)
- Erektile Dysfunktion (Impotenz)
- Phimose (Vorhautverengung)
- Infertilität (beim Mann durch Sperma)
- Hoden-Erkrankungen
- weitere Erkrankungen der primären Geschlechtsorgane
- Mangel an Testosteron
Weitere Erkrankungen können zwar ebenso Frauen betreffen, sind jedoch bei Männern stark verbreitet, so z.B.:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Unfälle
- Suchterkrankungen und deren Folgen (Lebererkrankungen, Lungenkarzinom u.a.m.)
- Diabetes mellitus
- HIV-Infektionen
- Suizide
- und anderes mehr
Eine dritte Kategorie umfasst Krankheiten, die für Männer sehr bedeutsamen sind,auch wenn sie Frauen manchmal stärker betreffen, z.B.:
- Depressionen.
Somit sind aus medizinischer Sicht alle Krankheiten angesprochen, für die das biologische und soziale Geschlecht (englisch: Sex and Gender) eine wichtige Rolle spielt.
Sozialwissenschaftliche Sicht
Zahlreiche Gesundheitsprobleme bei Männern lassen sich auf deren typisches Verhalten zurückführen, beispielsweise unfallriskantes Verhalten, Rauchen, Trinken und sexuelles Verhalten. So thematisiert die sozialwissenschaftliche Männergesundheitsforschung Themen wie
- Männlichkeit
- männliche Rolle
- Beziehungsverhalten
- Ursachen gesundheitsriskanten Verhaltens
- gesellschaftliche Bedingungen und Anforderungen
- politische Entscheidungen
Riskantes Verhalten geschieht nie „einfach so”, sondern hat immer einen Hintergrund. Zumeist sollen damit seelische oder soziale Nöte und Problemlagen kompensiert werden. Wie und warum aber wird dieses Verhalten erlernt?
Betrachtet man den einzelnen Mann, sind die Gründe natürlich einerseits in der ganz individuellen Erziehung und dem familiären Umfeld zu finden. Andererseits äußern sich kulturelle Muster, wie „ein Mann zu sein hat” bzw. wie Jungen zu Männern werden. Eines der derzeit heiß diskutierten Themen ist die durch den PISA-Test offenkundig gewordene Tatsache, dass Jungen im Durchschnitt schlechtere Zensuren haben, öfter sitzenbleiben und bei ihnen zunehmend Hyperaktivität („Zappelphilipp”) festgestellt wird. Das bedeutet, dass das derzeitige Schul- und Lernsystem sich ungünstig auf Jungen, deren Gesundheit und Heranwachsen auswirkt.
Ein Indianer kennt keinen Schmerz
Über Medien, Familie, Freunde und Schule werden den Jungen bestimmte „Männlichkeitsbilder” vermittelt: Männer sind stark, sprechen nicht über ihre Nöte und Ängste und unterdrücken ihre Gefühle. Diese gesellschaftlich zugeschriebenen Eigenschaften fördern ebenso riskante Verhaltensweisen wie die bei Männern oft festzustellende Schwierigkeit, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen und in Beziehungen zu vertreten.
Dr. Matthias Stiehler
weiterführende Links:
In der „Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit e.V.” sind vorrangig Mediziner vertreten, die sich mit dem Thema Männergesundheit befassen, das Bewusstsein hierfür im medizinischen Alltag stärken sowie Projekte und Öffentlichkeitsarbeit für eine bessere bzw. spezifischere medizinische Versorgung von Männern organisieren.
http://www.mann-und-gesundheit.com
Das Netzwerk Jungen- und Männergesundheit ist ein informeller Zusammenschluss von vorrangig Sozialwissenschaftlern, die das Thema Männergesundheit in ihrer sozialen, gesellschaftlichen und politischen Dimension bearbeiten.
http://www.netzwerk-maennergesundheit.de
Die Stiftung Männergesundheit organisiert Projekte, die sowohl medizinisch als auch gesellschaftlich wirken.
http://www.stiftung-maennergesundheit.de/
Auf der Homepage des „Dresdner Instituts für Erwachsenenbildung und Gesundheitswissenschaft e.V.” finden Sie eine Reihe wissenschaftlicher Aufsätze zum Thema Männergesundheit sowie die Entwicklung zu den ersten bundesdeutschen Männergesundheitsberichten:
http://www.dieg.org/Wissenschaft/Maennergesundheit.html
„Blickpunkt Der Mann.” ist ein wissenschaftliches Journal für Männergesundheit, das zwischen 2003 und 2010 erschien. Auf der Homepage finden Sie alle Beiträge als PDF-Dateien:
http://www.kup.at/journals/dermann/index.html
weiterführende Literatur:
Gesundheitsberichterstattung des Bundes (Hg.): Gesundheitliche Lage der Männer in Deutschland. Robert Koch-Institut 2014
Lothar Weißbach, Matthias Stiehler (Hg.): Männergesundheitsbericht 2013. Im Fokus: Psychische Gesundheit. Verlag Hans Huber Bern 2013
Doris Bardehle, Matthias Stiehler (Hg.): Erster Deutscher Männergesundheitsbericht. W. Zuckschwerdt Verlag München 2010
Matthias Stiehler, Theodor Klotz (Hg.): Männerleben und Gesundheit. Eine interdisziplinäre, multiprofessionelle Einführung. Weinheim: Juventa Verlag 2007
Lothar Böhnisch, Reinhard Winter: Männliche Sozialisation. Weinheim: Juventa Verlag 1993