Beschneidung

Vor- und Nachteile

Sie ist weltweit die häufigste Operation: die Entfernung der Vorhaut, medizinisch Zirkumzision genannt.

Gründe für eine Beschneidung gibt’s einige. Meistens sind es religiöse. Dann, man lese und staune, gibt es auch modische. Etwa, wenn Eltern glauben, dass ein beschnittener Penis besser aussieht, oder wenn sie wollen, dass der Sohn dem Vater ähnlich sieht.
Interessant ist auch das: Ein uralter Beweggrund für die Vorhautentfernung war der, Jungen und Männer von der Masturbation abzuhalten. Männer, die unter vorzeitigem Samenerguss leiden, lassen sich nicht selten die Vorhaut entfernen, weil sie hoffen, dadurch länger Sex haben zu können. Kann auch helfen, denn eine frei liegende Eichel ist im Alltag verstärkter Reibung ausgesetzt. Dadurch kann sie im Laufe der Zeit weniger sensibel werden, was den Orgasmus hinauszögern kann. Es gibt aber auch beschnittene Männer aus der Türkei und Arabien, die trotz ihrer Beschneidung über einen vorzeitigen Samenerguss klagen. Bewiesen ist es also noch nicht, ob diese Operation den Samenerguss verzögert oder nicht.

Medizinische Gründe

Eine Vorhautverengung (Phimose) oder Schmerzen bei der Erektion können eine Beschneidung notwendig machen. Auch die bessere Hygiene ist ein Argument: Denn diese kann vor allem die Entstehung eines Peniskarzinoms an der Eichel (Peniskrebs) verhindern, die auf mangelhafte Hygiene zurückzuführen ist.

Auch das Risiko für Harnwegsinfektionen scheint bei beschnittenen Männern geringer zu sein. Grund: Wenn Männer zum Beispiel eine zu enge Vorhaut haben, können sie der Hygiene schlecht nachkommen. Da bleiben oft Urinreste zurück – ein Paradies für Bakterien!

Außerdem hat man herausgefunden, dass die Partnerinnen von beschnittenen Männern ein geringeres Risiko haben, an einem Muttermund-Tumor zu erkranken, als Frauen, die mit Männern mit Vorhaut verkehren.

Manche meinen ja auch, dass Männer mit einem beschnittenen Penis weniger Sexualkrankheiten und HIV übertragen. Das stimmt nicht. Allerdings stellen neueste Untersuchungen eine “gewagte” Hypothese auf: Demnach weise der innere Teil der Vorhaut bei manchen Männern Rezeptoren auf, die HI-Viren (Verursacher von Aids) besser aufnehmen können. Also könnte ein beschnittener Mann in einigen Fällen ein geringeres Risiko haben, sich mit HIV zu infizieren.

Erste Studien aus Afrika liefern Belege dafür, allerdings nur für den Vaginalverkehr. Eine Übertragung der Ergebnisse auf andere Sexualpraktiken ist nicht möglich, da andere Gewebearten beteiligt sind (z.B. findet beim Analverkehr ein Kontakt mit Darmschleimhaut statt). Eine flächendeckende Beschneidung der Männer in Europa macht keinen Sinn, da für die Verhinderung nur einer HIV-Übertragung unverhältnismäßig viele Männer beschnitten werden müssten (in Teilen Afrikas ist die HIV-Rate in der Bevölkerung hingegen sehr hoch). Im Einzelfall kann eine Beschneidung dennoch in Frage kommen, wenn ein Mann das Risiko beim Sex mit seiner HIV-positiven Partnerin senken möchte.

Fest steht aber auch: Das Sexualverhalten eines Mannes spielt hier eine weitaus entscheidendere Rolle als die An- oder Abwesenheit der Vorhaut. Sollte die Beschneidung zum Weglassen des Kondoms oder zu “härterem” Sex mit mehr Verletzungsgefahr führen, dann wird der geringe Vorteil sofort aufgehoben.

Vorhaut und Lust

Was die Lust angeht, stehen Männer mit Vorhaut sicher besser da als ihre beschnittenen Geschlechtsgenossen, denn die Vorhaut ist dicht mit lustvermittelnden Nervenenden gespickt. Und nicht zuletzt schützt und befeuchtet sie auch die empfindliche Haut der Eichel. Nicht nur deshalb sollten Männer sich den Schritt zur Beschneidung reiflich überlegen: Denn nach der Operation ist die Vorhaut für immer verloren. Sogenannte Penis-Rekonstruktionen sind meist langwierig, schmerzhaft und können den früheren Zustand nicht mehr herstellen. Folgende Möglichkeiten gibt es:

    • Operation durch Spezialisten (Männerarzt)
    • Die “Rest”-Vorhaut des Penis wird mit Gewichten in die Länge gezogen. Dauert natürlich länger.
    • Mit Klebestreifen und Ringen. Geht noch langsamer.

Eine zukünftige Möglichkeit der Penis-Rekonstruktion liegt vielleicht darin, eine neue Vorhaut zu züchten. Das geht, denn im Gewebe der Vorhaut befinden sich Fibroblasten, das sind Zellen, die im menschlichen Organismus nur sehr selten vorkommen. Diese sind in der Lage, neues Gewebe zu bilden. Stellen Sie sich vor: Aus den Zellen einer einzigen Vorhaut könnte so viel Haut gebildet werden, dass mehrere Fußballfelder damit bedeckt werden können. Helden vor, die mit diesem Wissen noch ihre Vorhaut hergeben möchten!

Prof. Dr. Frank Sommer

weiterführende Links:

Rechtliche Aspekte: www.beschneidung-von-jungen.de

Leitlinie Phimose und Paraphimose der Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)(Langfassung als pdf)

 

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