Ein Vater ist der männliche Elternteil eines Kindes. Vaterschaft hat verschiedene Facetten:
- biologisch (Vorgang der Zeugung)
- sozial (Sorge)
- juristisch (rechtliche Verantwortung)
Blick in die Geschichte
Wann der Vater als Zeugungsbeteiligter identifiziert wurde, lässt sich nicht exakt rekonstruieren. Erste Belege über den Zusammenhang von Zeugung und Schwangerschaft lassen sich in das frühe 2. Jahrtausend v. Chr. zurückdatieren.
Wie die Rolle des Vaters dem historischen und gesellschaftlichen Wandel unterliegt, lässt sich durch einen Rückblick veranschaulichen: Im römischen Reich war die Vaterrolle an die biologische Verwandtschaft zum Kind gebunden, woraus sich verschiedene Pflichten und Rechte ergaben. Kennzeichnend für den “pater familias” war seine absolute Autorität gegenüber allen anderen Familienmitgliedern. Dies beinhaltete die Macht über Leben und Tod, über seine Frau, seine Sklaven und seine Kinder. Sogar wenn diese schon erwachsen waren, unterstanden sie noch immer der Autorität des Vaters.
Die absolute Macht des Vaters wird rückblickend häufig kritisiert, doch lässt sich auch argumentieren, dass die alleinige väterliche Gewalt rechtlich mit einer alleinigen Versorgungspflicht des Vaters für seine Kinder einherging.
Vater und Rechtsprechung in Deutschland
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), das 1900 in Kraft trat, waren Funktion und Rolle des Vaters lange auf den ehelichen (nicht zwangsläufig biologischen) Vater beschränkt. Somit wurden diesem auch alle Rechte und Befugnisse gegenüber dem Kind zugeschrieben: Er war gesetzlicher Vertreter, der bestimmen konnte, welche Ausbildung das Kind antrat. Ihm war sogar das Recht vorbehalten, das Kind in angemessener Weise zu züchtigen.
Erst mit dem Gleichberechtigungsgrundsatz (1949) glichen sich die Rechte beider ehelichen Eltern einander an.
Die Rechte des nichtehelichen Vaters haben im Laufe der Zeit stetig zugenommen. War er 1970 juristisch mit seinem Kind noch nicht einmal verwandt, so darf er seit 1998 (mit Zustimmung der Mutter) auch elterliche Sorge übernehmen.
Leihmutter und Samenspende
Einen Sonderfall stellt die In-virto Fertilisation (Befruchtung im Glas) dar. Hier ist es im Extremfall denkbar, dass die Eizelle einer Spenderin mit dem Sperma eines Spenders befruchtet und die befruchtete Eizelle einer Leihmutter eingesetzt wird. In diesem Fall ist eine (Teil-)Elternschaft von bis zu fünf Personen möglich. Da eine solche Konstellation ethnisch unerwünscht ist, griff hier der Gesetzgeber regelnd ein. In Deutschland sind sowohl Eizellenspende als auch Leihmutterschaft gesetzlich verboten.
Die Samenspende ist hingegen erlaubt. Seit 2002 ist auch die Frage der Vaterschaft in diesem Fall geregelt (§1600 BGB): Wird durch Samenspende eines Dritten, mit Einwilligung des Mannes und der Mutter, durch künstliche Befruchtung ein Kind gezeugt, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den sozialen und juristischen Vater und der Mutter gegenüber dem Samenspender ausgeschlossen.
Vielfalt der Vaterschaft
Staat und Recht orientieren sich heute immer noch stark an dem Modell der traditionellen Kleinfamilie, in der traditionell der Partner der Mutter die Rolle des Vaters in biologischer, sozialer und juristischer Hinsicht übernimmt. Doch daneben entwickelten sich in den vergangenen Jahren vielfältige Formen der Vaterschaft, die nur noch schwer in die gängigen Muster passen. Neben Stiefvätern gibt es Adoptivväter, schwule Väter, Pflegeväter, Pendelväter, Samenspender-Väter, Ein-Drittel-, Fifty-fifty- und Zwei-Drittel-Väter.
Vater werden – Vater sein
Bereits vor der Geburt eines Kindes setzen sich Männer mit ihrer Vaterrolle auseinander. Sie stellen sich Fragen wie: Will ich Kinder? Will ich Kinder mit meiner jetzigen Partnerin? Wann soll es soweit sein? Wie werde ich ein guter Vater?
Mit Eintritt der Schwangerschaft intensiviert sich diese Auseinandersetzung. Emotionen wie Freude, Stolz und intensives Glückserleben gehen einher mit Zweifel, Ängsten sowie dem Gefühl der Überforderung. Während es für Frauen vielfältige Angebote gibt, die sie in diesem Prozess begleiten, gibt es für Männer nur wenige.
Hebammenpraxen bieten Geburtsvorbereitungskurse für Paare an, bei denen auch Männer wichtige Erfahrungen sammeln können. Doch Veranstaltungen, die sich der bevorstehenden Vaterschaft widmen und explizit auf die Bedürfnisse der Männer ausgerichtet sind, sind immer noch eine Seltenheit.
Familie – und nun?
Bereits seit den 1960er Jahren wird untersucht, welche Auswirkungen die Gründung einer Familie hat. Die Rolle des Vaters rückte dabei erst in den letzten 15 Jahren in den Blick. So untersuchte beispielsweise eine Studie im Jahr 2002 das psychische Wohlbefinden von Männern und Frauen während der Schwangerschaft und in den ersten Jahren nach der Geburt des Kindes.
Während sich die Schwangerschaft und die ersten Wochen der Elternschaft für Männer weniger belastend als für die Frauen gestalten, gaben bereits sechs Wochen nach der Geburt des ersten Kindes 25-32% der Männer an:
- dass ihre Bedürfnisse nach Zärtlichkeit und Erotik zu kurz kommen
- dass sie sich durch das Baby sehr angebunden fühlen
- dass ihre Partnerin seit der Entbindung nur noch für das Baby da ist
- dass sie nie gedacht hätten, dass das Leben mit kleinen Kindern so anstrengend sein kann
Immerhin noch ca. 20% gaben an:
- dass sie sich häufig Sorgen machen, ob die Familie mit dem Geld auskommt
- dass sie es als Belastung erleben, alleine für das Einkommen zuständig zu sein
Für 97% der Männer:
- stellen die Fortschritte in der Entwicklung des Kindes eine große Freude dar
Und nur 1% gab an:
- dass ihnen manchmal der Gedanke kam, dass es besser gewesen wäre, sich kein Kind „anzuschaffen”
Familie und Berufsleben
Wie ebenfalls aus der Studie hervorgeht, waren acht Jahre nach Geburt des ersten Kindes 93% der Väter in Teilzeit und 78% in Vollzeit erwerbstätig (hab ich einen Denkfehler, oder sollte man hier in der Summe auf 100% kommen?).
Zum gleichen Zeitpunkt waren die Partnerinnen hingegen größtenteils nicht oder überwiegend in Teilzeit beschäftigt. Für gering verdienende Männer stellt die alleinige finanzielle Verantwortung für die Familie – unabhängig davon, ob diese nun real existiert oder „gespürt” wird – eine erhebliche Belastung dar.
Allein erziehen
Der Anteil der Alleinerziehenden lag 1999 in den alten Bundesländern bei 14% und in den neuen Bundesländern bei 19%. Davon sind 18% Väter, mit geringen Unterschieden zwischen den alten und neuen Bundesländern.
Interessant: Alleinerziehende Väter sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe in Deutschland. Zählten zu ihr im Jahr 1972 noch 72.000, waren es 1990 schon 130.000 und 1999 bereit 312.000 Väter. Ein wesentliches Problem für die Väter ist es, Beruf und Familie zu vereinbaren.
Neue Familienformen
Die Anzahl der Kinder, die in einer Zweit- oder Patchworkfamilie aufwachsen, lag 1999 nach Schätzungen des Deutschen Jugendinstitutes zwischen 5 und 8%. Hierzu gibt es jedoch kaum verlässliche Zahlen. Ebenso schwankt die Zahl der Kinder, die in so genannten Regenbogenfamilien (mit zwei gleichgeschlechtlichen Elternteilen) aufwachsen zwischen 25.000 und 100.000.
Während immer mehr Kinder bei nur einem Elternteil aufwachsen, nimmt der Anteil der Väter stetig zu, die ein Kind von einem anderen Vater annehmen. Die biologische Vaterschaft verliert, die soziale gewinnt an Bedeutung. Das Ausmaß dieser Entwicklung und die Vielzahl der daraus resultierenden Formen der Vaterschaft sind jedoch noch nicht in voller Gänze absehbar sind.
Daniel Stojek
weiterführende Literatur:
Fthenakis, W.E., Kalicki, B. & Peitz, G., Paare werden Eltern, Die Ergebnisse der LBS-Familien-Studie. Opladen 2002
Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), Schriften zur Geschlechterdemokratie Nr.5, Vater werden, Vater sein, Vater bleiben, psychosoziale, rechtliche und politische Rahmenbedingungen, Berlin 2002
weiterführende Links:
Meadows, P, Als Vater wird man nicht geboren: Vier Bereiche Ihrer Verantwortung
www.familienhandbuch.de
Fthenakis, W.E., Facetten der Vaterschaft – Perspektiven einer innovativen Väterpolitik
www.bmfsfj.de